Erst das Grundeinkommen und dann … gar kein Geld?

Eine Woche geldfrei leben – einfach, aber trotzdem luxuriös? Und wie machen das Menschen, die diesen Lebensstil dauerhaft pflegen? In einer Woche in Ganderkesee bei Bremen habe ich mehr gelernt, als ich je gedacht hätte und dabei außerordentlich gut und in Wohlstand gelebt.

 

Vom 1. bis zum 6. August war ich auf dem Utopival, dem Mitmachkongress vom Projekt- und Aktionsnetzwerk Living Utopia, der dazu einlädt, eine Woche nach den 4 Grundprinzipen vegan, ökologisch, geldfrei und solidarisch zu leben. Die zentrale Frage, die uns die Woche über beschäftigt hat, lautet: „Wie stellen wir uns eine zukunftsfähige Gesellschaft von morgen vor?”. Dabei wurden vielfältige Ideen diskutiert, praktische Umsetzungen ausgetauscht und spannende Konzepte besprochen. Natürlich war trotz geldfreiem Lebens auch das bedingungslose Grundeinkommen ein Thema. Es ist eine Möglichkeit unter vielen, Veränderungen herbeizuführen und vielleicht auch ein erster Schritt auf dem Weg in eine geldfreie Gesellschaft.

 

Das Gesellschafts-Spiel habe ich in einem Workshop angeboten und auch abseits davon wurde es immer wieder ausgeliehen und gespielt. Die Themen auf den Aktionskarten kamen den meisten Mitspielern oft bekannt vor, vieles kennen sie aus eigenen Erfahrungen und haben sich schon vielfältig damit auseinandergesetzt. Einige Ideen allerdings waren auch für die Utopival-Teilnehmer neu und haben zum Andersdenken angeregt. Über das bedingungslose Grundeinkommen wollten viele mehr wissen und ich konnte ihnen auch die meisten ihrer Fragen beantworten.

 

Ich habe in dieser Woche unheimlich viel gelernt. Zum Beispiel, dass es durchaus möglich ist, dass 130 Menschen miteinander solidarisch und geldfrei leben können, sich gegenseitig das gönnen, was sie brauchen, ohne Grüppchenbildung auskommen und miteinander arbeiten statt gegeneinander. Insbesondere dieses Miteinander, das ich auf dem Utopival erlebt habe, habe ich bislang noch nirgends sonst in dieser ausgeprägten Form erfahren. Wir haben aufeinander achtgegeben und miteinander über unsere Bedürfnisse und Wünsche gesprochen. Jede und jeder einzelne wurde als Person wahrgenommen und wertgeschätzt, mit allem, was sie oder er mitgebracht hat (beispielsweise eine Erblindung oder einfach ganz persönliche Macken). Jede und jeder konnte einbringen, was sie oder er kann und gut darin ist. Dieses Erlebnis war für mich etwas ganz Besonderes.

 

Ich wünsche mir, dass alle, die auf dem Utopival waren, diese Werte mit nach Hause nehmen und dort weiterleben, so dass sie in die Gesellschaft strömen können und eine Veränderung bewirken. Ich glaube, dass uns das mit einem bedingungslosen Grundeinkommen leichter fallen könnte. Aber wir müssen nicht erst auf ein Grundeinkommen warten, damit wir so handeln und leben können. Vielleicht ist es sogar so, dass das Grundeinkommen erst kommt, wenn wir den Neid überwunden haben, uns gegenseitig gönnen können, was wir brauchen und wahrnehmen, wer die Menschen um uns herum sind und was sie an Wertvollem für uns und die Gesellschaft mitbringen?

 

Und falls ihr euch nächstes Jahr auch auf dieses Erlebnis einlassen wollt, erfahrt ihr mehr auf der Seite des Projekt- und Aktionsnetzwerks Living Utopia und auf der Seite des Utopival. In diesem Jahr findet im November noch die Utopikon in Berlin statt, die Anmeldephase endet bereits am 5. September - dort könnt ihr den Utopival-Geist auch atmen.

 

Autorin: Alina

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Kommentare: 1
  • #1

    Joachim (Mittwoch, 31 August 2016)

    Toller Artikel, Alina!
    Es war wirklich schön auf dem Utopival!

    viele liebe Grüße
    Joachim